Professionelle Anleitung zur Aufzucht eine Rehkitzes
Erstversorgung eines zur Aufzucht erhaltenen Rehkitzes
1. Bodycheck= Verletzungen?
wenn ja: Tierarzt
wenn nein: Kitz zunächst in ein Handtuch einwickeln in einem großen Karton etwas abgedunkelt auf eine handwarme Wärmeflasche setzen.
Das Tier braucht zunächst etwas Ruhe! Nach einer halben Stunde versuchen das Kitz zu füttern!
Streß vermeiden! Es sollten sich max. zwei Personen um die Aufzucht kümmern. Die Tiere prägen sich meist auf eine Ziehmutter, von der sie das Fläschchen annehmen.
2. Versorgung mit geeigneter Milch (niemals Kuhmilch, das Kitz geht an Verdauungsstörungen ein)
Kitz vor der Fütterung wiegen davon ist die Milchsorte abhängig:
Utensilien zur Milchfütterung:
Set von Royal Canin Babycatmilk dieses enthält:
1 Fläschchen
drei Sauger (Milchpulver nicht verwenden!)
diese Sauger haben den Vorteil dass sie später auch auf NUK Babyflaschen umgeschraubt werden können wenn die Tiere mehr trinken!
1 Thermometer (ich benutze eines von Aldi ein Bratenthermometer).
Die Sauger bitte abwechselnd benutzen die Kitze mögen immer denselben Geschmack, der sich bei einem neuen Sauger wieder ändert!
Ziegenbiestmilch (vom Ziegenhof) oder
Globulac L (Biestmilchpulver)
zur weiteren Aufzucht ab 1800 g Gewicht:
reine Ziegenmilch oder
Bergin L Milch
Kitz unter 1800 g – es ist dringend Biestmilch (nur Ziegenbiestmilch -gibts meist auf jedem Ziegenhof- oder Schafbiestmilch in Form von Pulver Globulac L (=Biestmilchpulver) der Firma Bergophor Tel. 09221-806-0) erforderlich.
Anwendung: 50 g Globulac L in 100 ml warmem Wasser (max. 40 Grad) auflösen
oder Ziegenbiestmilch ca. 100 ml auf 39 Grad erwärmen und füttern.
Tränketemperatur von 39 Grad unbedingt einhalten ansonsten bekommen die Kitze schwere Verdauungsstörungen.
Biestmilchgabe ist für 5 Tage erforderlich (Regel: eine Dose Globulac pro Kitz, ab dem 4. Tag wird die Biestmilch auf 80 % reduziert und 20 % Aufzuchtmilch Bergin L zugemischt.
Ab dem 2. Lebenstag benötigen die Kitze auch frische Maulwurfserde (ein kleines Schälchen davon sollte täglich frisch zur Verfügung stehen).
Wie geht es weiter:
ab dem 5. Tag täglich die Biestmilchmenge weiter reduzieren bis das Kitz nur noch Bergin Milch L oder Ziegenmilch als alleinige Milch bekommt.
200 g Bergin L Milchpulver wird mit 1 Liter Wasser zubereitet. Anrührtemperatur 40 – 42 Grad.
Wichtig: Tränketemperatur von 39 Grad unbedingt einhalten sonst drohen schwere Verdauungsstörungen.
unter 1600 g braucht das Kitz alle 2 Stunden 80-100 ml Milch.
mit 2 kg Gewicht sollte das Kitz alle 3 Stunden 150 ml Milch trinken.
mit 3 kg Gewicht sollte das Kitz alle 4 Stunden 200 ml Milch trinken.
Dies ist natürlich von Tier zu Tier unterschiedlich, es sind nur grobe Richtwerte.
Diese Milchgaben benötigen die Kitze für 6 Monate.
Bitte haben Sie bei der Fütterung Geduld. Es dauert oft eine Zeit lang bis sich die Kitze an die Sauger gewöhnen.
Falls eine Kitz gar nicht trinken möchte bitte folgendes probieren:
Eine 100 ml Spritze aus der Apotheke mit einem Ventilgummi (ca. 2 cm lang) eines Fahrradschlauches versehen und vorsichtig dem Kitz zwischen Ober- und Unterkiefer schieben. Seitlich in die Wangentasche langsam die Milch laufen lassen, die Kitze können dann aus der Wangentasche die Milch langsam abschlucken. Diese Methode solange anwenden bis das Kitz aus der Flasche trinken kann.
Kitz über 1800 g– hier ist eine Aufzuchtmilch erforderlich: reine Ziegenmilch vom Bauern (auch aus Tetrapack im Notfall mit 3,5 % Fettgehalt)
oder Bergin L Milch ebf. der Firma Bergophor (Schafmilchpulver zum anrühren)
Die Kitze sollten täglich gewogen werden: eine Gewichtszunahme von 100-120 g pro Tag wäre wünschenswert.
Eine genügende Flüssigkeitszufuhr läßt sich auch gut an einem stets feuchten glänzenden Näschen erkennen.
Ist die Nase trocken, fehlt dem Kitz Flüssigkeit!
Während oder spätestens nach dem Füttern müssen die Ausscheidungsorgane des Kitzes massiert werden, damit es Urin und Kot absetzen kann. Dies ist wichtig! Mit einem feuchten Tuch von oben nach unten mehrmals abwischen, bis Urin und Kot abgesetzt werden.
Meist ist dies die ersten 4-5 Wochen erforderlich, bis das Kitz dies alleine kann.
3. Unterbringung
für die ersten Tage ist ein großer Karton ausgelegt mit saugenden Einmalbetteinlagen geeignet, etwas Heu, Wasserschälchen, Schälchen mit frischer Maulwurfserde.
Den Karton mehrmals täglich reinigen, die Kitze urinieren im Liegen dh. es sollten auch des Öfteren die Einlagen gewechselt werden.
Nach einer Woche die Kitze im Haus am besten in einem ruhigen Raum, Raum mit Malervlies auslegen und ebenfalls etwas Heu darauf verteilen unterbringen. Täglich sollten die Tiere ein paar Stunden in den abgezäunten Garten zum Sonne tanken (wichtig für die Knochen und den Muskelaufbau) laufen können. Allerdings immer unter Aufsicht.
Später (mit 4-6 Wochen) wird dann ein geeignetes Gehege mit einem genügend hohen Zaun 1,80 cm mit engen Maschen damit die Tiere nicht durchschlüpfen können erforderlich. Nachts ist allerdings noch eine geschützte Unterbringung in einer Hütte/Haus nötig.
Einen Nachtrag noch von Fr. Albert:
Beide Kitze waren einen halben Tag alt, als ich sie gebracht bekam, nach 3 Tagen Biestmilch folgte ein unerklärlicher Einbruch, der sich mit Schwäche (die Kitze konnten kaum noch ihr Köpfchen halten) und Trinkunlust äußerte. Nach Recherchen im Internet kam ich auf das Mittel Catosal (ein Tonikum, welches v.a. Landwirte schwachen Kälbchen spritzen, die nicht trinken wollen). Fakt war: ich habe die Dosierung für Kitze umgerechnet und jedem Kitz Catosal 0,5 ml subcutan nur einmalig zwischen die Schulterblätter gespritzt. Die Tiere waren kurz vor dem Exodus, ich hatte eines der Beiden sogar bei einem Tierarzt tags zuvor in Behandlung – ohne Erfolg- ich sollte das Tierchen zum Sterben abholen.
Erwähnen muss ich allerdings, dass ich Heilpraktikerin bin und spritzen kann (also bitte nicht selbst probieren). Ferner müssen auch alle Medikament Gaben lt. Veterinäramt bei den Wildtieren dokumentiert werden. Also, falls Schwächesymptome bei den Kitzen auftreten, den Tierarzt um o.g. Injektion bitten. Beide Kitze konnte ich durch diese Methode retten. Sie waren 8 Stunden später wieder am Trinken.
Wichtig wäre auch noch falls Interessierte ein Kitz aufziehen möchten:
Lassen Sie sich vom zuständigen Jagdpächter das o.k. geben und eine Übereignungsbescheinigung für das Tier ausstellen. Damit bekommt man nicht das Problem, evtl. der Wilderei angeklagt zu werden.
Viel Erfolg wünscht Ihnen
Birgit Albert
Peißenberg
Tel. 08803-9164
olekranon@hotmail.com